Was wollen wir

Wir sind Menschen, die sich, wie ihr wahrscheinlich auch, Sorgen wegen des Corona-Virus machen. Wir machen uns Sorgen, weil wir andere Menschen vor allem aus den Risikogruppen nicht mit dem Virus anstecken wollen oder selbst zu den Risikogruppen gehören. Wir machen uns Sorgen, weil wir die Einschränkungen des öffentlichen Lebens und die soziale Isolierung fürchten. Wir machen uns Sorgen, wie wir unsere Familienmitglieder angemessen versorgen können, wenn Kitas, Schulen und Pflegeeinrichtungen dicht machen. Wir machen uns Sorgen um unser wirtschaftliches Überleben, da viele von uns schon jetzt Lohneinbußen haben und wir nicht wissen, wie es die nächsten Monate weitergeht, wenn die Corona-Pandemie länger andauert und sich die Wirtschaftskrise verschärft.

Aber wir machen uns nicht nur Sorgen, wir sind auch wütend. Wir sind wütend weil die bisherigen Strategien der Regierungen zur Lösung der Gesundheitskrise nicht in erster Linie unseren Bedürfnissen, sondern der Sicherung der Profite dienen. Wir sind wütend, dass viele Beschäftigte weiter zur Arbeit gehen müssen und damit sie und ihre Mitmenschen weiterhin einem Gesundheitsrisiko ausgesetzt sind, während die Staaten unsere Grundrechte wie Versammlungs- und Bewegungsfreiheit einschränken. Wir sind wütend darüber, dass die Gesundheitssysteme in den letzten Jahren kaputt gespart und Kapazitäten abgebaut wurden und den Krankenhäusern nun deshalb der Kollaps droht. Wir sind wütend, dass wir statt internationaler Nothilfe für die in Krise geratenen Länder nationalistische Abschottung und Propaganda erleben.

Für die auf uns zukommenden Probleme haben wir von den Regierungen keine Lösungen zu erwarten. Wir sollten uns deshalb als Nachbarn und Kolleginnen zusammenzutun und unterstützen. In England, Italien und Spanien sind ArbeiterInnen in den Streik getreten, um die Durchsetzung von hygienischen Standards in Krankenhäusern und Warenlagern durchzusetzen oder um die Produktion von Autos im Angesicht einer hohen Infektionsrate bis auf weiteres auszusetzen. An vielen Orten bilden sich Solidaritätsnetzwerke, die eine gegenseitige Unterstützung in dieser Ausnahmesituation organisieren.

Mit diesem Blog möchten wir über solche Kämpfe berichten und so sichtbar machen, was Menschen an unterschiedlichen Orten tun und wie sie sich gegen Gefährdungen und Gängelungen wehren. Wir möchten damit zur größeren Verbreitung dieser Kämpfe beitragen und so hoffentlich Anregungen dazu liefern, wie wir auch hier auf die sich zuspitzende Situation reagieren können. Außerdem wollen wir Analysen entwickeln und Geschehnisse politisch einordnen, um die gegenwärtige Situation besser zu verstehen.

Wir denken nicht, dass die aktuelle Lage allein wegen des Corona-Virus außer Kontrolle geraten ist, vielmehr werden in dieser Pandemie die tieferliegenden und schon lange schwelenden Probleme der kapitalistischen Wirtschaftsweise deutlich. Allerdings könnte die Pandemie eine verheerende und lang andauernde soziale, ökonomische und politische Krise auslösen, in der die soziale Reproduktion für alle noch weniger als bisher gesichert ist. Deshalb müssen wir uns zusammentun und nicht nur gegen die unmittelbaren Folgen der Corona-Pandemie, sondern uns auch gegen die drohenden Verschlechterungen unserer Arbeits- und Lebensbedingungen wehren und diskutieren, was an die Stelle dieser katastrophentreibenden Gesellschaftsordnung treten kann.

In Zürich haben GenossInnen einen ähnlichen Blog mit einem Schweizfokus ins Leben gerufen. Sie verbinden außerdem aktuelle Analysen mit Vernetzung und nachbarschaftlicher Solidarität vor Ort. Hier gehts zu coronasoli.ch.